Donnerstag, 2. April 2015

Kommentar zur Entscheidung der Fraktionsspitzen der großen Koalition die, einen historischen Konsens darstellende, Terminologie "Völkermord" für die Sitzung des Bundestages am 24.April 2015 zu streichen

Ähnliche Bilder, ähnliche Protagonisten: 1915 Todesmärsche der Minderheiten des Osmanischen Reiches, 2014: Vor dem IS flüchtende Êziden „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“ (Wilhelm von Humbold)

Die Bundestagsfraktionen bereiten für den 24.April eine neue Bundestagsresolution anlässlich des 100.Jahrestages des Genozids an den Armeniern vor. Während Bündnis 90/Die Grünen und die LINKE den Genozid explizit in ihren Anträgen benennen, strichen die Fraktionsspitzen von CDU/CSU und SPD den Genozid-Begriff aus ihren ursprünglichen Antragsentwürfen und ersetzten diesen durch „Vertreibung und Massakern“.
„Volker Kauder stellt sich in der Öffentlichkeit gerne als Anwalt verfolgter Christen dar, wähnt sich jedoch im puren Revisionismus, wenn es um die Anerkennung des Genozids an den christlichen Armeniern geht.“, sagt Dr. Nazareth Aghuegian, Vorstandsvorsitzender des ZAD. „Es ist unerträglich anzusehen wie ein Volker Kauder (CDU) und ein Thomas Oppermann (SPD) die revisionistische Politik Ankaras adaptieren.“
Das den Worten Volker Kauders zu den verfolgten Christen keine Taten durch die Anerkennung des Genozids folgen wird in den christlichen Gemeinden überwiegend als Heuchelei und Rückgratslosigkeit wahrgenommen.
Volker Kauder und Thomas Oppermann sind als Fraktionsvorsitzende für den abschließenden Inhalt der Anträge ihrer Fraktionen zuständig und veränderten die ursprünglichen Antragsentwürfe zugunsten der Leugnungspolitik Ankaras.
Die Änderungen erfolgten auch auf Wunsch des Auswärtigen Amtes.
(Quelle: Der Kosmopolit)


Gerade Deutschland sollte eigentlich aus seiner eigenen Geschichte gelernt haben, dass Erinnerungskultur sehr wohl bisweilen Anstösse von Außen braucht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fühlte sich das Gros der deutschen Bevölkerung in erster Linie aufgrund der Luftangriffe auf z.B. Dresden und den Vertreibungen aus Schlesien und Pommern als Opfer. Die Schuld, die die NS durch den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg auf das gesamte Land und seine Bevölkerung geladen hat, wollte man nicht sehen. Erst die Entnazifizierungspolitik der Allierten sensibilisierte dafür.

In der Türkei wird bis heute das Opfer-Täter-Verhältnis in offiziellen Schulbüchern und an staalichen Universitäten umgekehrt. Somit verhöhnt und verunglimpft man Millionen von armenischen, aramäisch-assyrischen, griechischen und êzidischen Genozidopfern und deren Nachkommen. Das ist auch ein Produkt falscher Rücksichtnahme von außen. Daher ist die Begründung der Bundesregierung zur Streichung des Terminus "Völkermord" für die Sitzung zum Genozid an Minderheiten im Osmanischen Reich, "Erinnerungskultur könne nicht von außen verordnet werden" durch die Fraktionsspitzen von CDU und SPD für die Sitzung am 24.April 2015 schlichtweg falsch und feige. So unterstützt man Leugnung und Diskriminierung der Opfer.

In der Türkei ist die Mehrheitsbevölkerung der Meinung, Freicorps mit armenischen Freiwilligen auf russischer Seite seien selbst Schuld, dass sich die osmanische Armee zu Völkermord und ethnischen Säuberungen "gezwungen gesehen" habe. Das ist natürlich blanker Nonsens. Man stelle sich nur einmal vor, die Allierten hätten nach dem Zweiten Weltkrieg eine Leugnungspolitik in Deutschland unterstützt, die den Holocaust mit dem Aufstand im Warschauer Ghetto oder dem Widerstandskampf der Bielski-Partisanen rechtfertigt und glorifiziert.
Das ist zum Glück undenkbar, aber genau das tut nun die deutsche Bundesregierung in Bezug auf den Völkermord an mehr als 2 Millionen Armeniern, Aramäern-Assyrern, pontischen und ionischen Griechen sowie Kurden êzidischen Glaubens von 1912 bis 1922!